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Kommentar zu § 5 Abs. 2 TVÜ
Arbeitsgericht Weiden, Urteil vom 28. Februar 2007, 1 Ca 931/06
Ortzuschlagsberücksichtigung bei der Überleitung in den TVöD verfassungswidrig
Die Stadt Weiden wurde in erster Instanz zu einer Nachzahlung zu Unrecht vorenthaltener Entgeltbestandteile verurteilt,
da das Arbeitsgericht Weiden die Regelung bei konkurrierenden Ortszuschlägen in § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA nicht für verfassungsgemäß hält
Geklagt hatte ein Arbeitnehmer der Stadt Weiden, dessen Ehefrau beim Roten Kreuz beschäftigt ist. Dort wurde der BAT auf die Arbeitsverhältnisse angewandt und aufgrund der Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA („Ist auch eine andere Person im Sinne von § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT / BAT-O / BAT-Ostdeutsche Sparkassen ortszuschlagsberechtigt oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen familienzuschlagsberechtigt, wird nur die Stufe 1 zugrunde gelegt; findet der TVöD am 1. Oktober 2005 auch auf die andere Person Anwendung, geht der jeweils individuell zustehende Teil des Unterschiedsbetrages zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlags in das Vergleichsentgelt ein“) wurde bei der Berechnung des Vergleichsentgeltes bei dem Beschäftigten nur der Ortszuschlag der Stufe 1 einbezogen. Weil allerdings seine Ehefrau beim Roten Kreuz aufgrund einer ausdrücklichen tariflichen Regelung, dass sich bei Ehepartnern von in den TVöD übergeleiteten Arbeitnehmern der Ortszuschlag nicht erhöht, weiterhin nur den halben Ortszuschlag nach BAT erhielt, war der Beschäftigte der Auffassung, auch bei ihm müsse der halbe Ortszuschlag in das Vergleichsentgelt einfließen. Eine Regelung, die das verhindere, könne nicht rechtens sein.
Das Arbeitsgericht Weiden gab seiner Klage in erster Instanz statt.
Das Gericht war der Auffassung, die Vorschrift des § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, weil sich für die in § 5 Abs. 2 Satz 2 vorgenommene Differenzierung zwischen Beschäftigten mit ortzuschlagsberechtigten Ehegatten, die ebenfalls in den TVöD übergeleitet werden und Beschäftigten mit ortszuschlagsberechtigten Ehegatten, die nicht in den TVöD übergeleitet werden, kein sachlich rechtfertigender Grund finden lasse. Eine Regelung, nach der die bisherige Vergütung eines Beschäftigten nur deshalb gemindert wird, weil der Ehegatte zum Stichtag 1.10. zwar im öffentlichen Dienst beschäftigt sei, aber nicht in den TVöD übergeleitet werde, sei willkürlich. Die Argumente des KAV Bayern, die dieser dem Gericht zur Begründung der Regelung zukommen ließ, vermochten das Gericht nicht zu überzeugen.
Die Stadt Weiden als Arbeitgeber wurde verurteilt, dem Beschäftigten das durch die zu niedrig ausgefallene Berechnung des Vergleichsentgeltes entgangene Entgelt nachzuzahlen.
Die Berufung gegen das Urteil wurde zugelassen
Bedeutung dieses Urteils für den Bereich der Evangelischen Landeskirche in Baden und ihrer Diakonie
In der Evangelischen Landeskirche in Baden und ihrer Diakonie könnte es zu ähnlich gelagerten Konflikten kommen, und zwar dann, wenn ein Ehegatte unter das kirchliche Arbeitsrecht fällt und erst zum 1. Januar 2006 übergeleitet, der andere Ehegatte beim Staat oder einer Kommune/Landkreis beschäftigt ist und zum 1. Oktober 2005 übergeleitet wurde:
1. Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) fließt nur der Ortszuschlag der Stufe 1 in das Vergleichsentgelt ein, wenn der andere Ehegatte ortszuschlagsberechtigt nach Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (BAT) ist.
Beim hier gedachten Fall würde somit der Ehegatte, der beim Staat oder Kommune beschäftigt ist, ab 1. Oktober 2005 nur die Stufe 1 des Ortszuschlags im Vergleichsentgelt berücksichtigt bekommen, unabhängig davon, welche Stufe bis September 2005 berücksichtigt und bezahlt wurde.
2. Nach den Regeln des § 29 BAT müsste demnach für die Monate Oktober bis Dezember 2005 dem bei der Kirche (bzw. unter das kirchliche Arbeitsrecht fallenden) Ehegatten die Stufe 2 des Ortszuschlages in voller Höhe zustehen.
Damit jedoch auf die kirchlichen und diakonischen Arbeitgeber hier keine unzumutbaren finanziellen Belastungen fallen (die Stufe 2 des Ortszuschlages wäre ja dann zum 1. Januar 2006 auch in das Vergleichsentgelt des kirchlich Beschäftigten eingeflossen), hat die Arbeitsrechtliche Kommission (ARK) im Herbst 2005 mit Wirkung ab 28. September 2005 im § 6 Abs. 8 Arbeitsrechtsregelung für Angestellte (AR-Ang) beschlossen, dass in diesen Fällen die Ortszuschlagsregelung des BAT "gedeckelt" wird auf die Höhe des bis September 2005 gezahlten Anteils am Ortszuschlag.
3. Somit kann die unter 1. angeführte Regelung des TVÜ (§ 5 Abs. 2 Satz 2) nicht mehr zur Anwendung kommen, da der dem kirchlich beschäftigten Ehegatten zustehende Anteil am Ortszuschlag nicht mehr im Sinne von § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT ist.
4. Den Grundtenor des Arbeitsgerichts Weiden (allgemeiner Gleichheitsgrundsatz) aufgreifend kann daher nur die Bestimmung des zweiten Halbsatzes des § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ zur Anwendung kommen, nach welcher der jeweils individuell zustehende Teil des Unterschiedsbetrages zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlags in das Vergleichsentgelt eingeht.
Beim hier gedachten Fall wäre dies sowohl zum 1. Oktober 2005 beim staatlich oder kommunal beschäftigten Ehegatten (durch Anwendung des Gerichtsbeschlusses des AG Weiden) als auch zum 1. Januar 2006 beim kirchlich beschäftigten Ehegatten (durch § 6 Nr. 5 AR-M) der Fall.
Man darf gespannt sein, ob und mit welcher Begründung der KAV gegen das Urteil Berufung einlegt.