Gesetz über die Pflegezeit
(Pflegezeitgesetz - PflegeZG)
ausgegeben zu Bonn am 30. Mai 2008
in Kraft ab 1. Juli 2008
(Bgbl. 2008 Teil I Nr. 20, S. 896 ff)
§ 1
Ziel des Gesetzes
§ 2
Kurzzeitige Arbeitsverhinderung
§ 3
Pflegezeit
§ 4
Dauer der Pflegezeit
§ 5
Kündigungsschutz
§ 6
Befristete Verträge
§ 7
Begriffsbestimmungen
§ 8
Unabdingbarkeit
§ 1 Ziel des Gesetzes
Ziel des Gesetzes ist, Beschäftigten die Möglichkeit zu eröffnen, pflegebedürftige nahe Angehörige in häuslicher Umgebung zu pflegen und damit die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege zu verbessern.
§ 2 Kurzzeitige Arbeitsverhinderung
(1) Beschäftigte haben das Recht, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, wenn
dies erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen
Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische
Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen.
(2) 1Beschäftigte sind verpflichtet, dem Arbeitgeber ihre Verhinderung an der Arbeitsleistung
und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. 2Dem Arbeitgeber ist auf Verlangen
eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen und
die Erforderlichkeit der in Absatz 1 genannten Maßnahmen vorzulegen.
(3) Der Arbeitgeber ist zur Fortzahlung der Vergütung nur verpflichtet, soweit sich eine solche
Verpflichtung aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder aufgrund Vereinbarung ergibt.
§ 3 Pflegezeit
(1) 1Beschäftigte sind von der Arbeitsleistung vollständig oder teilweise freizustellen, wenn
sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen (Pflegezeit).
2Der Anspruch nach Satz 1 besteht nicht gegenüber Arbeitgebern mit in der Regel fünfzehn
oder weniger Beschäftigten.
(2) 1Die Beschäftigten haben die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen durch Vorlage
einer Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung
nachzuweisen. 2Bei in der privaten Pflege-Pflichtversicherung versicherten Pflegebedürftigen
ist ein entsprechender Nachweis zu erbringen.
(3) 1Wer Pflegezeit beanspruchen will, muss dies dem Arbeitgeber spätestens zehn Arbeitstage
vor Beginn schriftlich ankündigen und gleichzeitig erklären, für welchen Zeitraum
und in welchem Umfang die Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch genommen
werden soll. 2Wenn nur teilweise Freistellung in Anspruch genommen wird, ist auch die gewünschte
Verteilung der Arbeitszeit anzugeben.
(4) 1Wenn nur teilweise Freistellung in Anspruch genommen wird, haben Arbeitgeber und
Beschäftigte über die Verringerung und die Verteilung der Arbeitszeit eine schriftliche Vereinbarung
zu treffen. 2Hierbei hat der Arbeitgeber den Wünschen der Beschäftigten zu entsprechen,
es sei denn, dass dringende betriebliche Belange entgegenstehen.
§ 4 Dauer der Pflegezeit
(1) 1Die Pflegezeit nach § 3 beträgt für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen längstens
sechs Monate (Höchstdauer). 2Für einen kürzeren Zeitraum in Anspruch genommene Pflegezeit
kann bis zur Höchstdauer verlängert werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt. 3Eine
Verlängerung bis zur Höchstdauer kann verlangt werden, wenn ein vorgesehener Wechsel
in der Person des Pflegenden aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann. 4Die Pflegezeit
wird auf Berufsbildungszeiten nicht angerechnet.
(2) 1Ist der nahe Angehörige nicht mehr pflegebedürftig oder die häusliche Pflege des nahen
Angehörigen unmöglich oder unzumutbar, endet die Pflegezeit vier Wochen nach Eintritt der
veränderten Umstände. 2Der Arbeitgeber ist über die veränderten Umstände unverzüglich zu
unterrichten. 3Im Übrigen kann die Pflegezeit nur vorzeitig beendet werden, wenn der Arbeitgeber
zustimmt.
§ 5 Kündigungsschutz
(1) Der Arbeitgeber darf das Beschäftigungsverhältnis von der Ankündigung bis zur Beendigung
der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 oder der Pflegezeit nach § 3 nicht kündigen.
(2) 1In besonderen Fällen kann eine Kündigung von der für den Arbeitsschutz zuständigen
obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ausnahmsweise für zulässig
erklärt werden. 2Die Bundesregierung kann hierzu mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine
Verwaltungsvorschriften erlassen.
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Verordnung des Ministeriums für Arbeit und Soziales über die Zuständigkeiten nach dem Pflegezeitgesetz und über die Gebühr für die Erklärung der Zulässigkeit einer Kündigung vom 15. Dezember 2008) [47 KB]
§ 6 Befristete Verträge
(1) 1Wenn zur Vertretung einer Beschäftigten oder eines Beschäftigten für die Dauer der
kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 oder der Pflegezeit nach § 3 eine Arbeitnehmerin
oder ein Arbeitnehmer eingestellt wird, liegt hierin ein sachlicher Grund für die Befristung
des Arbeitsverhältnisses. 2Über die Dauer der Vertretung nach Satz 1 hinaus ist die Befristung
für notwendige Zeiten einer Einarbeitung zulässig.
(2) Die Dauer der Befristung des Arbeitsvertrages muss kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar
sein oder den in Absatz 1 genannten Zwecken zu entnehmen sein.
(3) 1Der Arbeitgeber kann den befristeten Arbeitsvertrag unter Einhaltung einer Frist von zwei
Wochen kündigen, wenn die Pflegezeit nach § 4 Abs. 2 Satz 1 vorzeitig endet. 2Das Kündigungsschutzgesetz
ist in diesen Fällen nicht anzuwenden. 3Satz 1 gilt nicht, soweit seine
Anwendung vertraglich ausgeschlossen ist.
(4) 1Wird im Rahmen arbeitsrechtlicher Gesetze oder Verordnungen auf die Zahl der beschäftigten
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgestellt, sind bei der Ermittlung dieser
Zahl Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nach § 2 kurzzeitig an der Arbeitsleistung
verhindert oder nach § 3 freigestellt sind, nicht mitzuzählen, solange für sie aufgrund von
Absatz 1 eine Vertreterin oder ein Vertreter eingestellt ist. 2Dies gilt nicht, wenn die Vertreterin
oder der Vertreter nicht mitzuzählen ist. 3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn im
Rahmen arbeitsrechtlicher Gesetze oder Verordnungen auf die Zahl der Arbeitsplätze abgestellt
wird.
§ 7 Begriffsbestimmungen
(1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind
1. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2. die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,
3. Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche
Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten
und die ihnen Gleichgestellten.
(2) 1Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes sind natürliche und juristische Personen sowie
rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Absatz 1 beschäftigen. 2Für die
arbeitnehmerähnlichen Personen, insbesondere für die in Heimarbeit Beschäftigten und die
ihnen Gleichgestellten, tritt an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder Zwischenmeister.
(3) Nahe Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind
1. Großeltern, Eltern, Schwiegereltern,
2. Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, Geschwister,
3. Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder, die Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten
oder Lebenspartners, Schwiegerkinder und Enkelkinder.
(4) 1Pflegebedürftig im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die die Voraussetzungen nach den §§ 14 und 15 des Elften Buches Sozialgesetzbuch erfüllen. 2Pflegebedürftig im Sinne von § 2 sind auch Personen, die die Voraussetzungen nach den §§ 14 und 15 des Elften Buches Sozialgesetzbuch voraussichtlich erfüllen.
§ 8 Unabdingbarkeit
Von den Vorschriften dieses Gesetzes kann nicht zuungunsten der Beschäftigten abgewichen werden.