Kündigung
Ein Hinweis vorweg: wer von einer Kündigung betroffen ist, sollte sich unbedingt persönlich an die zuständige Mitarbeitervertretung (MAV) oder als Mitglied an den vkm wenden. Die mit einer Kündigung in Zusammenhang stehenden Fragen sind schriftlich nicht abschließend zu beantworten. Da ohne Zustimmung der MAV eine Kündigung auch nicht rechtswirksam ist, empfiehlt sich die Kontaktaufnahme ohnehin. Allerdings sind auch der MAV in der Zustimmungsverweigerung enge Grenzen gesetzt.
Bevor eine Kündigung ausgesprochen wird, ist in jedem Fall zu prüfen, ob nicht andere Schritte ergriffen werden können (Umsetzung, Umschulung).
Die "angenehmste" Art, ein Arbeitsverhältnis zu beenden, ist ein Auflösungsvertrag. Dieser kommt dann zustande, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einig sind, dass sie die Zusammenarbeit beenden wollen. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn der Arbeitnehmerin ein besserer Arbeitsplatz von einem anderen Arbeitgeber angeboten wurde, aber auch, wenn eine Stelle wegrationalisiert werden soll und der Mitarbeiterin eine verlockende Abfindung angeboten wird, sodass sie den bisherigen Arbeitsplatz freiwillig verläßt.
Das Arbeitsverhältnis kann aber auch von einer der beiden Seiten gekündigt werden. Innerhalb der Probezeit (6 Monate: § 2 Abs. 4 TVöD / § 8 AVR) braucht die Kündigung nicht begründet zu werden. Nach Ablauf der Probezeit ist zu unterscheiden zwischen einer ordentlichen und einer außerordentlichen Kündigung.
Die außerordentliche Kündigung kommt nur dann in Betracht, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist für Arbeitgeber oder Arbeitnehmer unzumutbar ist, beispielsweise weil das Vertrauensverhältnis massiv gestört wurde. In diesem Fall muß die Kündigung innerhalb von 2 Wochen (§ 626 Abs. 2 BGB) nach Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen schriftlich ausgesprochen werden.
Die ordentliche (fristgemäße) Kündigung beendet das auf unbestimmte Zeit eingegangene Arbeitsverhältnis durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Der Arbeitnehmer bedarf für die Kündigung keines Grundes. Dagegen bedarf die Kündigung des Arbeitgebers nach 6-monatigem Bestand des Arbeitsverhältnisses einer besonderen Rechtfertigung nach § 1 Abs. 2 KSchG. Dieser Grund kann in einem persönlichen Fehlverhalten (verhaltensbedingete Kündigung, in der Person liegend (personenbedingte Kündigung) oder in einer veränderten betrieblichen Situation (betriebsbedingte Kündigung) liegen. Eine verhaltens- oder personenbedingte Kündigung darf nur im Wiederholungsfalle ausgesprochen und muß zuvor durch eine Abmahnung angedroht werden.
Die betriebsbedingte Kündigung kann nur als äußerste Maßnahme gesehen werden und ist an enge Kriterien gebunden. Sie erfordert eine Personalauswahl der zu kündigenden MitarbeiterInnen, die auch soziale Kriterien berücksichtigt. Eine betriebsbedingte Kündigung zieht in der Regel eine Abfindung nach sich, die - je nach Alter und Betriebszugehörigkeit - unterschiedlich hoch ausfällt (bei 40-Jährigen etwa ein halbes, bei 55-Jährigen etwa ein ganzes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr - die genaue Höhe kann beim vkm oder bei der zuständigen bei der MAV erfragt werden).
Für die ordentliche Kündigung wurden - je nach Beschäftigungszeit - unterschiedliche Kündigungsfristen festgelegt. Diese liegen zwischen einem und sechs Monaten (vgl. § 34 TVöD / § 30 AVR). Die Unkündbarkeit ist in den derzeit geltenden Tarifverträgen nicht mehr vorgesehen, jedoch behalten Beschäftigte, die am 31. Dezember 2005 nach den Regelungen des BAT unkündbar waren die Unkündbarkeit auch weiterhin (§ 34 Abs. 2 Satz 2 TVöD).
Gerichtsurteile zum Thema
- Seit November 2008 ist zudem eine Kündigung unwirksam, wenn sie gegen die Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verstösst. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seiner Entscheidung vom 6. November 2008, 2 AZR 701/07 die umstrittene Frage geklärt, ob Kündigungen außer am Kündigungsschutzgesetz zusätzlich auch an den Bestimmungen des AGG zu messen sind. Im AGG wird dies im § 2 Abs. 4 AGG ausgeschlossen: "Für Kündigungen gelten ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz." Dennoch wendet das BAG die Diskriminierungsverbote des AGG nunmehr auf Kündigungen an.
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Ferner urteilte der EuGH (Rechtssache C-555/07) am 19. Januar 2010:
Bislang durften Arbeitgeber bei der Berechnung der Kündigungsfristen nur die Beschäftigungszeiten vom 25. Lebensjahr an berücksichtigen (§ 622 Abs.2 S.2 BGB). Diese Regelung hielt der Überprüfung des EuGH nicht stand. Das Gericht hat entschieden, dass die Vorschrift gegen das Verbot der Alterdiskriminierung und somit gegen EU-Recht verstoße. Deutsche Arbeitsgerichte wies der EuGH nun an, die Norm nicht mehr anzuwenden. -
Am 24. Januar 2013 urteilte das Bundesarbeitsgericht, ob und wie Leiharbeitnehmer bei der Frage mitgezählt werden, ob das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet oder nicht.
=> Pressemitteilung des BAG-Urteils [pdf 89 KB] -
Aus dem europäischen Arbeitsrecht ergibt sich durch die Schlussanträge der Generalanwältin Juliane Kokott vom 6. Dezember 2012 in den verbundenen Rechtssachen Ring und Werge (Rs. C-335/11 und C-337/11) [externer Link / öffnet in eigenem Fenster] eine Neubetrachtung der Abgrenzung von Krankheit und „Behinderung“ im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG [externer Link / öffnet in eigenem Fenster]. Hier geht es um die Vorlagen eines dänischen Gerichts, das dem EuGH in zwei Kündigungsfällen verschiedene Fragen dazu stellte. Die Generalanwältin schlägt ein weit gehendes Verständnis von „Behinderung“ vor. Da der EuGH den Vorschlägen seiner Generalanwälte meistens folgt, wird man bei krankheitsbedingten Kündigungen lange erkrankter Arbeitnehmer künftig wohl öfter als bisher die Frage prüfen müssen, ob der gekündigte Arbeitnehmer als behinderter Mensch den besonderen Schutz vor behinderungsbedingten Diskriminierungen gemäß der Richtlinie 2000/78/EG [externer Link / öffnet in eigenem Fenster] in Anspruch nehmen kann.
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Wenn der Betriebsrat der ordentlichen Kündigung gem. § 102 BetrVG [externer Link / öffnet in eignem Fenster] wiedersprochen, so kann der gekündigte Arbeitnehmer seine Weiterbeschäftigung meist ohne Probleme gerichtlich durchsetzen, so das Landesarbeitsgericht Köln in seinem Urteil vom 26. November 2012, AZ: 5 SaGa 14/12 [externer Link / öffnet in eigenem Fenster].
Auch wenn die Regelungen des Mitarbeitervertretungsgesetzes im § 41 sich erheblich von denen im Betriebsverfassungsgesetz § 102 [externer Link / öffnet in eignem Fenster] unterscheiden, gilt für gekündigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer folgendes Vorgehen.
=> mehr -
§ 623 BGB [externer Link / öffnet in eigenem Fenster] schreibt für Kündigungen die Schriftform vor. Und zu einer schriftlichen Kündigung gehört die handschriftliche Unterschrift. Diese wird auch nicht dadurch ersetzt, dass eine handschriftliche Unterschrift einmal eingescannt wird und dann diese "handschriftliche" Computerunterschrift immer wieder verwendet wird.
Eine derartige Kündigung ist rechtsunwirksam, so urteilte das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein.
=> Urteil des LAG Schleswig-Holstein AZ: 6 Sa 422/11 [externer Link / öffnet in eigenem Fenster]
=> Mitbestimmung der MAV
=> Abmahnung
=> Auflösungsvertrag, Aufhebungsvertrag
=> Kündigung bei Krankheit
=> Kündigungsschutzgesetz [externer Link / öffnet in eigenem Fenster]
=> Download: Broschüre des Arbeitsministeriums (pdf 652 KB)
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
§ 622
Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen
(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.
(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen
- zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
- fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
- acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
- zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
- zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
- 15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
- 20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.
Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt.
(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.
(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.
(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,
- wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
- wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.
(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
§ 626
Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.