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Oktober 2014

Beichtgeheimnis

Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Januar 2007 (BVerfG, 2 BvR 26/07 vom 25. Januar 2007, http://www.bverfg.de/) wurde eine Unklarheit höchstrichterlich entschieden.

Schrieb Herr Dr. Jacobs noch 2003: "Die Konsequenzen im staatlichen Recht für das Beichtgeheimnis incl. des Zeugnisverweigerungsrechtes gelten nicht ohne weiteres für Angestellte, die nicht ordiniert sind. Hier besteht ein gewisser rechtsunklarer Raum."
so übernimmt das Bundesverfassungsgericht die Interpretation des Bundesgerichtshofes und schreibt in dem oben angeführten Urteil: "Für seine Einordnung als "Geistlicher" im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO sei sein kirchenrechtlicher Status als Laie unerheblich; maßgeblich sei die Übertragung von Aufgaben der Seelsorge zur selbständigen Wahrnehmung, durch die ein eigenständiges Vertrauensverhältnis zu den betreuten Gefangenen begründet werde."

Inhalt

Bild zeigt das pdf Symbol "Nur für Ihr Ohr bestimmt" - Faltblatt zum Thema Schweigepflicht (210 KB)
Neufassung 2014

=> Merkblatt zum Bereich Amtsverschwiegenheit, Seelsorgegeheimnis, Beichtgeheimnis und Zeugnisverweigerungsrecht
(Evangelische Landeskirche in Baden, Friederike Heidland und Wolfgang Burkhardt, Karlsruhe 22. Oktober 2007)

Bild zeigt das pdf Symbol Merkblatt (19 KB)

=> Schweigen ist Gold - Verschwiegenheit im Kirchenrecht
(Evangelische Landeskirche in Baden, Dr. Uwe Kai Jacobs, Vortrag vom 8. Mai 2003, MitarbeiterInnenversammlung in Karlsuhe)

Bild zeigt das pdf Symbol Verschwiegenheit im evangelischen Kirchenrecht
"Kirche und Recht", 3-4/2004, Luchterhand (856 KB)






Merkblatt zum Bereich Amtsverschwiegenheit, Seelsorgegeheimnis, Beichtgeheimnis und Zeugnisverweigerungsrecht

Anlässlich der neusten höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Thema Zeugnisverweigerungsrecht, soll der Bereich im Folgenden kurz dargestellt und in den Kontext mit den genannten anderen Bereichen gestellt werden. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25.01.2007 ist der Begriff des "Geistlichen" weit auszulegen, insbesondere ist er, entgegen der bisherigen Rechtsprechung, nicht an Ordination oder Priesterweihe gebunden. Wichtig ist allein die kirchliche Beauftragung. Alle, die von ihrer Kirche mit der Seelsorge beauftragt sind, können sich auf das Zeugnisverweigerungsrecht berufen, sofern die übrigen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

- Amtsverschwiegenheit:

Das ist die unterste Stufe des Schutzes von Gesprächen, die Seelsorgende führen. Ihr unterliegen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landeskirche, sie gilt auch im staatlichen Bereich. Danach ist über alle Angelegenheiten, die jemandem in Ausübung seines Dienstes bekannt geworden sind, Verschwiegenheit zu bewahren.
Sollen die Seelsorgenden als Zeuge, z.B. in einem strafrechtlichen Verfahren, aussagen, benötigen sie hierfür die Einwilligung des Dienstherren (Aussagegenehmigung). Diese entbindet sie von der Amtsverschwiegenheit und dient auch ihrem Schutz.

- Seelsorgliche Schweigepflicht:

Von der seelsorglichen Schweigepflicht wird alles umfasst, was den Seelsorgenden in der Seelsorge anvertraut worden oder bekannt geworden ist. Was "in der Seelsorge" anvertraut worden ist, entscheiden die Seelsorgenden im Einzelfall. Die Umstände des Gesprächs werden dabei sicherlich eine wichtige Rolle spielen. Inhalt eines Seelsorgegesprächs kann nur sein, was dem Kernbereich privater Lebensgestaltung einer bestimmten Einzelperson zuzuordnen ist. Dabei kann gerade auch das tägliche Leben Ausdruck und Grund seelischer Bedrückung sein.
Werden Seelsorgende als Zeuge benannt, müssen sie auch hier vorher eine Aussagegenehmigung ihres Dienstherrn einholen. Außerdem müssen sie von der Person, die ihnen etwas anvertraut hat, von ihrer seelsorglichen Schweigepflicht entbunden werden. Aber auch dann haben sie sorgfältig zu prüfen, ob und inwieweit sie ihre Aussagen oder Mitteilungen verantworten können.

- Beichtgeheimnis:

Das Beichtgeheimnis ist unverbrüchlich. Auch die Person, die den Seelsorgenden etwas in der Beichte anvertraut hat, kann diese nicht nachträglich von der Schweigepflicht entbinden. Zur Beichte gehört eine geschützte Form, ein Ritus mit klarem Beginn und Ende.

- Zeugnisverweigerungsrecht:

Das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 Strafprozessordnung (StPO) bezieht sich auf alles, was Geistlichen in ihrer Eigenschaft als Seelsorgende anvertraut worden oder bekannt geworden ist (also auf den zweiten und dritten Spiegelstrich). Im Bereich der bloßen Amtsverschwiegenheit greift das Zeugnisverweigerungsrecht nicht.

Friederike Heidland und Wolfgang Burkhardt
Karlsruhe, den 22.10.2007






Schweigen ist Gold - Verschwiegenheit im Kirchenrecht

Vorbemerkung:

Vieles in kirchlicher Arbeit und kirchlichem Leben geschieht nicht im Verschwiegenen, sondern öffentlich, z.B. im Gottesdienst oder in den Sitzungen der Synode. Und doch bedarf es der Bereiche der Verschwiegenheit. Diese Bereiche rechtlich auszuloten soll unser Thema sein. Es gliedert sich in folgende Teile:

1. Beicht- und Seelsorgegeheimnis
2. Amtsverschwiegenheit/Verschwiegenheitspflicht
3. Innerdienstliche bzw. innerbehördliche Schweigepflicht?
4. Verschwiegenheit im Ehrenamt

1. "Das Beichtgeheimnis ist unverbrüchlich". So formuliert es § 17 Abs. 1 Pfarrdienstgesetz. Mit dem Wort "unverbrüchlich" ist gemeint, dass das Beichtgeheimnis gegenüber jedermann strikt zu wahren ist. Vom Beichtgeheimnis kann nicht entbunden und nicht entpflichtet werden. Da das Gesetz keinerlei Vorbehalte und Ausnahmen für das Beichtgeheimnis vorsieht, gilt das Beichtgeheimnis absolut. Die Frage nach besonders gelagerten Ausnahmefällen, nämlich zur Verhinderung schwerer Verbrechen oder zur Verhinderung der Bestrafung Unschuldiger, ist daher definitiv mit nein zu beantworten. Das Vertrauen in das Beichtgeheimnis darf nämlich nicht durch Ausnahmen enttäuscht werden, wenn Beichte und Seelsorge nicht insgesamt Schaden nehmen sollen. Der Staat erkennt dies an, indem er Pfarrerinnen und Pfarrer von der Pflicht zur Anzeige geplanter Verbrechen nach § 138 Strafgesetzbuch ausnimmt und ihnen strafprozessual ein Zeugnisverweigerungsrecht einräumt.

Das badische Pfarrdienstgesetz unterscheidet in § 17 zwischen dem Beichtgeheimnis und dem Seelsorgegeheimnis. Die seelsorgerliche Schweigepflicht umfasst aber alles, was dem Pfarrer oder der Pfarrerin in seiner bzw. ihrer Eigenschaft als Seelsorger bzw. Seelsorgerin anvertraut oder bekannt wird. Der Hauptunterschied zum Beichtgeheimnis besteht darin, dass Pfarrerinnen und Pfarrer von denjenigen, die sich ihnen seelsorglich anvertraut haben, von der Schweigepflicht entbunden werden können.


2. Von beiden Geheimnisbereichen säuberlich zu trennen ist die sogenannte Amtsverschwiegenheit. Diese betrifft nur vertrauliche Angelegenheiten des äußeren Dienstbetriebes, etwa Personalangelegenheiten bei Bewerbungen, Kirchensteuerangelegenheiten etc. Die Amtsverschwiegenheit entfällt, wenn die vorgesetzte Dienstbehörde die Genehmigung zur Aussage erteilt. Das Seelsorgegeheimnis ist in § 17 Abs. 2, die Amtsverschwiegenheit in § 18 Pfarrdienstgesetz geregelt. Verschwiegenheit ist allerdings nicht nur ein Thema für Pfarrerinnen und Pfarrer.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Regelung aus § 8 Mitarbeiterdienstgesetz. Sie betrifft die Angestellten in Gemeindediakonie, Jugendarbeit, Religionsunterricht und kirchlicher Sozialarbeit: "Der Mitarbeiter hat über Angelegenheiten vertraulicher Art, die er in Ausübung seines Dienstes erfährt, Verschwiegenheit zu bewahren. Die Bestimmungen des Pfarrdienstgesetzes über das Beichtgeheimnis etc. finden entsprechend Anwendung". Was bedeutet dies?

Die Konsequenzen im staatlichen Recht für das Beichtgeheimnis incl. des Zeugnisverweigerungsrechtes gelten nicht ohne weiteres für Angestellte, die nicht ordiniert sind. Hier besteht ein gewisser rechtsunklarer Raum. Im Zweifel ist es Sache des staatlichen Gesetzgebers, durch Änderung der Vorschriften im Strafgesetzbuch und in den Prozessordnungen den Begriff der "Geistlichen" (vgl. zum Beispiel § 139 Abs. 2 Strafgesetzbuch) näher zu definieren oder durch andere Begriffe zu ersetzen. Denn an diesen Begriff knüpft das staatliche Recht an.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 der Arbeitsrechtsregelung über die Grundlagen der Dienstverhältnisse haben Mitarbeitende über alle Angelegenheiten, von denen sie bei Ausübung des Dienstes Kenntnis erhalten und die vertraulich sind, Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt sogar noch dann, wenn das Arbeitsverhältnis nicht mehr besteht. Hierüber geben die Mitarbeitenden eine schriftliche Verpflichtungserklärung ab. Die genannte Vorschrift entspricht der Regelung in § 9 Abs. 1 und Abs. 4 BAT (Bundesangestellten-Tarifvertrag). Angestellte brauchen übrigens keine Aussagegenehmigung vom Arbeitgeber oder einer anderen Stelle.


3. Schwierig ist die Frage nach der Reichweite einer innerbehördlichen Schweigepflicht zu beantworten. Dies betrifft insbesondere Beratende in der kirchlichen Sozialarbeit. Denn nach § 203 Abs. 1 Nr. 4 Strafgesetzbuch kann sich strafbar machen, wer als Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater oder Berater für Suchtfragen in einer "Beratungsstelle ... unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart", das ihm in seiner beruflichen Eigenschaft anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist. Insbesondere stellt sich die in der Praxis immer wieder relevante Frage, ob entsprechende Mitarbeitende den Vorgesetzten im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht uneingeschränkt Einblick in die Klientenakten gewähren dürfen. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass ein solches Einsichtsverlangen gegen § 203 Strafgesetzbuch (StGB) verstoßen kann. Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich ausgeführt, dass die Schweigepflicht an den Vertreter des Beratungsberufes gerichtet ist und nicht an die Institution, in der er arbeitet. Allerdings fällt eine anonymisierte Auskunft nicht unter die Strafdrohung des § 203 StGB. Ferner kann die Befugnis zur Offenbarung auch durch Einwilligung seitens der Hilfesuchenden begründet werden. Die Bindung der Schweigepflicht an den Vertreter des Beratungsberufes kann m. E. auch aufgehoben sein, wenn gar keine personale Beziehung zwischen Klient und Berater besteht oder wenn nur ein Erstkontakt geknüpft ist.

Die Grenzen hierbei im Einzelfall zu ziehen, ist im Zweifel Sache der Strafgerichte.


4. Nicht nur für die beruflich in der Kirche Mitarbeitenden, sondern auch für Ehrenamtliche ist die Schweigepflicht ein wichtiger Punkt. Dies betrifft vor allem Mitglieder kirchlicher Körperschaften und Organe (Kirchengemeinderat u.a.), woran § 139 Abs. 1 Grundordnung der badischen Landeskirche erinnert. Entsprechend formulieren auch die Leit- und Richtlinien für ehrenamtliches Engagement in der badischen Landeskirche: "Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben über vertrauliche Angelegenheiten nach außen Stillschweigen zu bewahren, auch über das Ende ehrenamtlicher Tätigkeit hinaus."

Diese Vorschriften des Kirchenrechtes bezwecken nicht etwa Gängelung der kirchlichen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter. Vielmehr geht es um den Schutz zum einen eines kirchlichen Kernbereiches, nämlich der Seelsorge, zum anderen geht es um Vertrauen und drittens um den Schutz des Dienstbetriebes. Hierin folgen die kirchlichen Regelungen denen für den öffentlichen Dienst. Auch die Privatwirtschaft kennt selbstverständlich Regelungen zur Verschwiegenheitspflicht, unter Umständen auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus (vgl. auch § 90 Handelsgesetzbuch).


Dr. Uwe Kai Jacobs, Kirchenrechtsdirektor, 8. Mai 2003

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