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Kommentar zu § 4 Nr. 37 AR-M
Arbeitsrecht-INFORMATION Nr. 3 / 2020
Evangelische Landeskirche in Baden
Evangelischer Oberkirchenrat
Rechtsreferat / Bereich Arbeitsrecht
Datum: 10.12.2020
Landeskirche in Baden e. V.
Justitiariat
1. Bedeutung der Ausschlussfrist
Die tarifliche Ausschlussfrist regelt den Zeitraum, nach dem die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht nach Fälligkeit des Anspruchs innerhalb dieser Frist von der / dem Beschäftigten oder vom Arbeitgebenden in Textform geltend gemacht werden. Durch die Ausschlussfrist wird die Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zeitlich begrenzt. Die Parteien des Arbeitsverhältnisses sollen dadurch veranlasst werden, die ihnen aus dem Arbeitsverhältnis zustehenden Ansprüche innerhalb dieser Frist geltend zu machen und so zu einer kurzfristigen, möglichst umfassenden Bereinigung offener Fragen und damit zur Rechtsklarheit beizutragen.
2. Bisherige Regelung im TVöD und in der AR-M
Nach § 37 TVöD beläuft sich die Ausschlussfrist auf sechs Monate. Für die Anwender der ARM ist diese Frist auf zwölf Monate verdoppelt (§ 4 Nr. 37 AR-M).
Für die Anwendenden der AVR-Baden bzw. der AVR.DD gilt § 45 AVR.DD. Dieser regelt
Fristen von sechs und zwölf Monaten je nach der Art des Anspruchs.
3. Neufassung der Formulierung der Ausschlussfrist in der AR-M und AVR
Bisher wurde die Regelung der Ausschlussfrist in der AR-M wie folgt formuliert: Ergänzend
zu § 37 TVöD Satz 1 gilt: Die Ausschlussfrist beträgt 12 Monate. (§ 4 Nr. 37 AR-M)
Rückwirkend zum 1. November 2020 hat die ARK am 09.12.2020 eine Neuformulierung der
Ausschlussfrist unter Beibehaltung des Fristzeitraums von zwölf Monaten beschlossen:
37. Zu § 37 TVöD Ausschlussfrist
Anstelle von § 37 TVöD gilt:
(1) Sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von zwölf Monaten nach Fälligkeit in Textform geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus.
(2) Absatz 1 Satz 1 findet keine Anwendung auf Ansprüche:
a) die aufgrund gesetzlicher Vorschriften unabdingbar sind, insbesondere solche auf
Mindestentgelte,
b) die auf vorsätzlichen Handlungen beruhen,
c) wegen Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit,
d) aus einem Sozialplan,
e) soweit sie kraft Gesetzes einer Ausschlussfrist entzogen sind.
Die AVR.DD hat mit Beschluss vom 18. Juli 2019 bereits zum 1. Juli 2020 folgende Neuformulierung der Ausschlussfrist beschlossen, die auch im Geltungsbereich der AVR-Baden
übernommen wurde:
§ 45 Ausschlussfristen
(1) Ansprüche auf Leistungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die auf die Ausübung
einer höherwertigen Tätigkeit nach den §§ 12 und 13 bzw. § 16 der Anlage 8a gestützt sind,
sowie die allmonatlich entstehenden Ansprüche auf Entgelt (§§ 14 bis 19a bzw. §§ 17 bis 19
der Anlage 8a) müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von zwölf Monaten nach Fälligkeit in
Textform geltend gemacht werden.
(2) Alle anderen Ansprüche - der Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter wie der Dienstgeberin bzw.
des Dienstgebers - aus dem Dienstverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von
sechs Monaten nach Fälligkeit in Textform geltend gemacht werden, soweit die AVR nichts
anderes bestimmen.
(3) Für den gleichen Tatbestand reicht die einmalige Geltendmachung der Ansprüche aus, um
die Ausschlussfrist auch für später fällig werdende Ansprüche unwirksam zu machen.
(4) Die Fristen in Absatz 1 und 2 gelten nicht für Ansprüche, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften unabdingbar sind, insbesondere solche auf Mindestentgelte gleich welcher
Rechtsgrundlage (insbesondere allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn, Pflegemindestlohn).
Unberührt bleiben auch Ansprüche, die auf vorsätzlichen Handlungen beruhen, oder Ansprüche wegen Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit.
4. Nachweispflicht der Ausschlussfrist nach dem Nachweisgesetz
Anders, als zwischen Tarifvertragsparteien, bestimmt sich das kirchliche Arbeitsverhältnis
nach Arbeitsrechtsregelungen und damit nach allgemeinen Geschäftsbedingungen, die einzelvertraglich vereinbart werden. Letzteres geschieht regelmäßig durch den pauschalen Verweis
und damit wirksamen Einbezug der kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen in den jeweiligen
Arbeitsvertrag. Mit diesem pauschalen Verweis genügt der Arbeitgebende aber nicht dem
Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen. Mit Urteil vom 30.10.2019 (6 AZR 456/18)
stellte das Bundesarbeitsgericht fest, dass ein allgemeiner Verweis auf die Geltung kirchlicher
Arbeitsrechtsregelungen die Nachweispflicht gemäß § 2 Absatz 1 Satz 1 Nr. 10 i. V. m. Absatz
3 Satz 1 Nachweisgesetz (NachwG) nicht erfüllt. Die Entscheidung ist für den Bereich
kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen von großer Bedeutung. Ist die Ausschlussfrist in einem auf
eine solche Regelung verweisenden Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich nachgewiesen, bleibt
sie zwar wirksam vereinbart. Dem Arbeitnehmenden steht aber regelmäßig ein Schadensersatzanspruch wegen der arbeitgeberseitigen Pflichtverletzung des fehlenden Nachweises
der Ausschlussfrist zu. Dieser wiederum ist inhaltlich darauf gerichtet, so gestellt zu werden,
als wäre der Zahlungsanspruch nicht untergegangen, wenn der Arbeitgebende seine
Nachweispflicht erfüllt hätte. Im Ergebnis sind die Arbeitnehmenden daher so zu stellen, als
ob die Ausschlussfrist zwischen den Parteien des kirchlichen Arbeitsvertrages gar nicht
vereinbart ist bzw. wirkt.
Zur Vermeidung dieser Problematik ist vorrangig nur eine Änderung bzw. Ergänzung der
Arbeitsverträge nötig. Hier muss künftig der explizite Hinweis auf die geltende Ausschlussfrist
erfolgen.
Parallel empfahl sich daher zusätzlich eine Änderung bzw. Klarstellung des § 4 Nr. 37 AR-M
sowie der AVR, die wiederum als Muster für einen ausformulierten Text in den
Arbeitsverträgen dienen soll. Dabei ist Absatz 2 Satz 2 der Neufassung der Zivilnorm § 309
Nr. 7 BGB nachgebildet. Danach sind Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam, die die
Haftung für vorsätzliches Handeln oder generell für Schäden aus der Verletzung des Lebens,
des Körpers oder der Gesundheit ausschließen. Im Sinne dieser Wertung des Gesetzgebers
sind auch hier die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis aus der Frist ausgespart, die auf
vorsätzlichen Handlungen beruhen oder Schadensersatzansprüche sind, die ihren Grund in
der Verletzung des Körpers, des Lebens oder der Gesundheit haben.
5. Änderung der Arbeitsverträge
a) Änderung der Musterverträge
Wir werden zeitnah die auf der Ekiba-Service-Seite veröffentlichten Musterverträge (AR-M)
entsprechend ergänzen. Soweit Sie in der nächsten Zeit die noch nicht ergänzten
Musterverträge nutzen bzw. auf der Grundlage unserer Musterverträge eigene Vorlagen
erstellt haben, bitten wir diese entsprechend zu ergänzen:
§ x
Ausschlussfrist
Sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von
zwölf Monaten nach Fälligkeit in Textform geltend gemacht werden. Für denselben
Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige
Leistungen aus.
Die Ausschlussfrist findet keine Anwendung auf Ansprüche:
a) die aufgrund gesetzlicher Vorschriften unabdingbar sind, insbesondere solche auf
Mindestentgelte,
b) die auf vorsätzliche Handlungen beruhen,
c) wegen Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit,
d) aus einem Sozialplan,
e) soweit sie kraft Gesetzes einer Ausschlussfrist entzogen sind.
b) Änderung bestehender Arbeitsverträge
In Abwägung von Aufwand und Ertrag halten wir es nicht für erforderlich, sämtliche
bestehenden Arbeitsverträge allein aufgrund der Ausschlussfrist zu ändern. Sofern ein
Änderungsarbeitsvertrag aus anderen Gründen erforderlich ist, soll die Regelung zur Ausschlussfrist aber aufgenommen werden. Die entsprechenden Musterverträge sind deshalb
diesbezüglich ergänzt, um diese Möglichkeit zu bieten.