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Kommentar zu § 4 Nr. 8 Abs. 2 AR-M
Rufbereitschaft von Gemeindediakoninnen und -diakonen in der stationäre Altenpflegeeinrichtungs- und Krankenhausseelsorge
1.Sachlage:
Die Entwicklung in dem Arbeitsfeld stationäre Altenpflegeeinrichtungs- und Krankenhausseelsorge ist zunehmend dadurch gekennzeichnet, dass sich Seelsorge bewusster als stationäre Altenpflegeeinrichtungs- und Krankenhausseelsorge begreift und nicht allein als Kranken- bzw.Seniorenseelsorge. Der Dienst der stationäre Altenpflegeeinrichtungs- und Krankenhausseelsorge erstreckt sich auf ein "Haus" mit vielen Mitarbeitenden, nicht nur auf Senioren, Kranke und deren Angehörige. Dies ist auch in den Leitsätzen der Evangelischen stationäre Altenpflegeeinrichtungs- und Krankenhausseelsorge in Baden zum Ausdruck gekommen. Stationäre Altenpflegeeinrichtungs- und Klinikseelsorge ist daher ein Bereich, wo Kirche öffentlich wird.
Es ist deshalb unerlässlich und wird auch von den stationären Altenpflegeeinrichtungen und Krankenhäusern erwartet, dass die stationäre Altenpflegeeinrichtungs- und Krankenhausseelsorgenden - auch wenn sie als Gemeindediakoninnen bzw. Gemeindediakone in einem Arbeitsverhältnis zur Landeskirche stehen - Rufbereitschaft leisten.
Noch nicht abschließend wurde bislang geklärt, ob es sich dabei um eine "echte", den Bestimmungen des § 7 Abs. 4 TVöD-Bund entsprechende Rufbereitschaft handelt. Es fehlte die ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers und der Aufenthalt an der dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle wurde nicht konsequent vollzogen bzw. die Anzeige des Aufenthaltsortes erfolgte nicht so, wie es die tarifliche Regelung vorsieht.
Liegen die Voraussetzungen der Rufbereitschaft nach § 7 Abs. 4 TVöD-Bund vor, ist nach § 8 Abs. 3 TVöD-Bund eine Pauschale zu bezahlen.
Bisher wurde die "stationäre Altenpflegeeinrichtungs- und Krankenhausseelsorge-Rufbereitschaft" als Teil, welcher dieser Tätigkeit das Gepräge gibt, sowohl als Selbstverständlichkeit von den in der stationäre Altenpflegeeinrichtungs- und Krankenhausseelsorge Tätigen gesehen als auch vom Arbeitgeber "billigend in Kauf genommen". Es wurde bisher immer stillschweigend vorausgesetzt, dass Gemeindediakoninnen und -diakone unter denselben Bedingungen wie Pfarrerinnen und Pfarrer in der stationäre Altenpflegeeinrichtungs- und Krankenhausseelsorge ihren Dienst tun. Somit wurde es - aus der weitgehenden Gleichbehandlung von Pfarrerinnen und Pfarrern einerseits und Gemeindediakoninnen und -diakonen andererseits in der stationäre Altenpflegeeinrichtungs- und Krankenhausseelsorge - nicht als Thema gesehen, dass Rufbereitschaft gesondert ausgeglichen wird.
Die Gemeindediakoninnen und -diakone in der stationäre Altenpflegeeinrichtungs- und Krankenhausseelsorge jedoch haben das Thema problematisiert.
2.Finanzielle Auswirkungen:
Durch die Budgetierung müssten die Kosten für die Vergütung der Rufbereitschaft aus dem Budget für die stationäre Altenpflegeeinrichtungs- und Krankenhausseelsorge aufgebracht werden und würden somit zu einer Stellenreduzierung führen.
Die in § 4 Nummer 8 der AR-M (Arbeitsrechtsregelung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) vorgesehene Lösungsmöglichkeit hat statt der finanziellen Entschädigung für die Rufbereitschaft die Möglichkeit der Umwandlung der Entschädigung für die Rufbereitschaft in Freizeit - vorbehaltlich einer Dienstvereinbarung - vorgesehen. Damit verbunden gewesen wäre allerdings eine Reduzierung der Präsenzzeit an den Werktagen der Seelsorgenden in der stationäre Altenpflegeeinrichtungs- und Krankenhausseelsorge um durchschnittlich 2,3 Stunden pro Tag Rufbereitschaft. Bei einer vollen Woche RB bedeutet dies, dass 18 Stunden auszugleichen sind. Bei 12 Wochen RB jährlich fallen damit 216 Stunden an, dies entspräche guten 5,5 Wochen Arbeitszeit bzw. einem ca. doppelten Jahresurlaubsanspruch.
3. Konsequenzen
An der Umwandlung der finanziellen Entschädigung für die Rufbereitschaft in Freizeit wird festgehalten. Dies entspricht auch der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, der für Arbeitsbedingungen Sorge tragen muss, die einen verantwortlichen Umgang mit den eigenen Ressourcen der Beschäftigten zulassen.
Allerdings sind die Voraussetzungen für die Rufbereitschaft in der stationäre Altenpflegeeinrichtungs- und Krankenhausseelsorge mit anderen Rufbereitschafts- bzw. Bereitschaftssituationen, die der TVöD regelt (zum Beispiel Krankenhausärzte, Feuerwehrleute, HausmeisterInnen, HeimleiterInnen) nicht unmittelbar vergleichbar (Aufenthaltsort während der Rufbereitschaft wird in der stationäre Altenpflegeeinrichtungs- und Krankenhausseelsorge (KHS) nicht angeordnet bzw. ist nicht meldepflichtig, die Wegstrecke zum Einsatz in der KHS kann dadurch länger sein).
Vor allem aber würde ein Freizeitausgleich in Höhe von 18 Stunden pro Woche geleisteter Rufbereitschaft zu einer deutlich geringeren, nicht verantwortbaren und nicht vertretbaren Präsenzzeit der Seelsorgenden in der Krankenhausseelsorge führen. Dazu kämen die tatsächlichen Einsätze in der Rufbereitschaft, die zeitlich in einem Verhältnis von eins zu eins ausgeglichen werden müssten. Der damit verbundene Wegfall an Präsenzzeit wäre angesichts der knappen Ressourcen in diesem Arbeitsfeld nur dann zu kompensieren, wenn die Pfarrerinnen und Pfarrer Vertretungsdienste in erheblichem Umfang leisten würden. Damit würde der Arbeitgeber jedoch seiner Fürsorgepflicht gegenüber dieser Berufsgruppe nicht mehr gerecht werden. Die Folge wären hohe Ausfallzeiten in der Präsenz der Seelsorgenden, die zu Lasten von Patienten, Angehörigen und Mitarbeitenden gingen und damit das hohe Gut der Ansprechbarkeit und Präsenz bei Notfällen von Seelsorge im Krankenhaus konterkarieren würden.
Die in dieser Arbeitsrechtsregelung vorgesehene Lösung bietet die Möglichkeit, die Rufbereitschaftszeiten der Gemeindediakoninnen und -diakone in einem Maß zu kompensieren, das sowohl der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, als auch dem verantwortlichen Umgang mit den vorhandenen Ressourcen und der Verpflichtung der Seelsorge zur Präsenz im Krankenhaus Rechnung trägt. Zugleich trägt es dazu bei, die Kooperation der beiden Berufsgruppen: Gemeindediakoninnen und Gemeindediakone und Pfarrerinnen und Pfarrer verträglich zu gestalten.
Zudem wird der doppelte zeitliche Ausgleich von tatsächlichen Einsätzen den unterschiedlichen Belastungssituationen in den verschiedenen Klinikformen (zum Beispiel Akutklinik, Maximal-, Zentral- oder Grundversorgung) gerecht.
Analog zu den Regelungen der Arbeitsrechtsregelung für den Dienst an Sonn- und Feiertagen (AR-SoFei) soll durch vorliegende Arbeitsrechtsregelung dem typischen Gepräge des Dienstes in der Krankenhaus- und Klinikseelsorge eine für alle Beteiligten akzeptable und in der Praxis händelbare Regelung installiert werden.
Dabei wird das Augenmerk auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gelegt, indem für Arbeitsaufnahme während der Rufbereitschaft der doppelte Zeitausgleich anfällt. Die sozialen Beeinträchtigungen durch die Rufbereitschaft generell werden je nach Häufigkeit ebenfalls durch Freizeitausgleich (Zusatzurlaub) gewürdigt.
Ab 1. Januar 2021 gelten die bisherigen Regelungen für die Klinikseelsorge auch für die in den stationären Altenpflegeeinrichtungen eingesezten Mitarbeitenden, sofern eine geregelte Rufbereitschaft eingerichtet wird.