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Kommentar zu § 4 Nr. 24 AR-M
Verbot der Entgeltabtretung
Die Zusatzbestimmung zum Entgelt lautet:
(2) Die Abtretung von Entgelt ist seit dem 1. Januar 2000 ausgeschlossen.
(vorhergehende Regelungen waren in § 6b AR-Hang und § 4a AR-Arb)
Mit Wirkung vom 1. Januar 2000 ist die Abtretung von Entgeltansprüchen gemäß § 399 BGB [externer Link, öffnet in eigenem Fenster] Bürgerliches Gesetzbuch ausgeschlossen. Im begründeten Einzelfall allerdings kann der Mitarbeiter mit dem Dienstgeber die Abtretbarkeit seiner Entgeltansprüche schriftlich vereinbaren.
Mit dem sog. Lohnabtretungsverbot sollen Mitarbeiter vor häufig unbewussten Entgeltabtretungen geschützt und zugleich die Personalverwaltungen der Einrichtungen von damit verbundenen Pflichten und Risiken entlastet werden. Banken, Versandhäuser oder Handelsgeschäfte lassen sich häufig zur Sicherung ihrer Darlehensrückzahlungen bzw. Kaufpreisforderungen von ihren Kunden deren Lohn- und Gehaltsansprüche abtreten.
Grundsätzlich ist diese Abtretung von Entgeltforderungen zulässig, da generell eine Forderung vom Gläubiger durch Vertrag auf einen neuen Gläubiger übertragen werden kann. Der Mitarbeiter als Forderungsgläubiger des Entgeltanspruches gegenüber dem Dienstgeber kann daher einen Teil oder die Gesamtheit seines Entgelts an ein Kreditinstitut oder ein Handelsunternehmen als neuen Gläubiger übertragen. Auch erst künftig fällig werdende Forderungen können im Wege der Vorausabtretung übertragen werden. Die Abtretung kann formlos vereinbart werden, befindet sich aber häufig in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen versteckt und wird deshalb vom Mitarbeiter beim Abschluss des Darlehens- oder Ratenkaufvertrages oft unterschrieben, ohne dass er sich dessen bewusst ist.
Gerät der Mitarbeiter mit der Rückzahlung in Verzug und kann er schließlich seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen, muss der Dienstgeber nach Offenlegung seitens des Gläubigers und damit verbundener Kenntniserlangung von der Abtretung, den abgetretenen Teil der Entgeltforderung an den Gläubiger des Mitarbeiters abführen. Dem Mitarbeiter selbst verbleibt häufig nur noch der unpfändbare Teil seines Entgeltanspruchs.
Durch die Lohnabtretungsklauseln wird ein Mahnverfahren mit Lohnpfändung umgangen, so dass also der Kreditgläubiger ohne vorherige gerichtliche Kontrolle den pfändbaren Anteil des Entgelts des Mitarbeiters einziehen kann. Der Schuldner hat keine Möglichkeit des Widerspruchs mit gerichtlicher Überprüfung, in welcher etwa ein Wuchertatbestand oder die Sittenwidrigkeit festgestellt werden könnte.
Lohnabtretungen können sich auch auf die Erfolgsaussichten eines seit dem 01.01.1999 möglichen Verbraucherinsolvenzverfahrens [externer Link, öffnet in eigenem Fenster] negativ auswirken. Der Gesetzgeber des Verbraucherinsolvenzverfahrens hat dort Lohnabtretungen den Vorrang gegenüber anderen Gläubigern eingeräumt. Hierdurch besteht die Gefahr einer Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse, obwohl grundsätzlich pfändbares Einkommen vorhanden und die Kosten für das Insolvenzverfahren an sich gedeckt wären. Die Folge ist, dass dadurch eine Restschuldbefreiung nicht mehr möglich ist.
Mit dem Abtretungsverbot werden auch die Personalverwaltungen der Einrichtungen von den mit der Bearbeitung von Abtretungen verbundenen Pflichten und Haftungsrisiken entlastet.
Aus diesen Gründen hat die Arbeitsrechtliche Kommission die Abtretung der pfändbaren Entgeltbestandteile ausgeschlossen. Dies ist gemäß § 399 BGB [externer Link, öffnet in eigenem Fenster] rechtlich zulässig. Eine entgegen einem Abtretungsverbot vorgenommene Abtretung ist dann rechtlich unwirksam. Sollte im begründeten Einzelfall ein/eine Mitarbeiter/Mitarbeiterin eine Abtretungsvereinbarung mit einem Gläubiger unbedingt treffen wollen, so kann diese selbstverständlich individualrechtlich und schriftlich vereinbart werden (Günstigkeitsprinzip).
Das Abtretungsverbot erfasst alle Entgeltabtretungen, welche ein Mitarbeiter mit einem Kreditinstitut oder mit einem Handelsunternehmen nach dem 1. Januar 2000 vereinbart.
Nach herrschender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur wirkt das Abtretungsverbot aber auch dann, wenn bereits zuvor eine Abtretung vereinbart wurde. Demnach umfasst der Abtretungsausschluss auch solche Abtretungen, die vor dem Inkrafttreten der Regelungen am 1. Januar 2000 unterschrieben wurden. Dies gilt zumindest dann, wenn die Abtretung der Forderung gegenüber dem Dienstgeber noch nicht geltend gemacht wurde. Denn der Gläubiger einer noch nicht entstandenen Forderung muss die Nichtabtretbarkeit der Forderung genauso hinnehmen wie etwa die Tatsache, dass die Forderung überhaupt nicht entsteht, weil beispielsweise das Arbeitsverhältnis beendet wurde.
Ist jedoch die Abtretung der Entgeltansprüche bereits durch das Kreditinstitut oder Handelsunternehmen gegenüber dem Dienstgeber geltend gemacht und führt der Dienstgeber auch bereits an den neuen Gläubiger pfändbare Entgeltanteile ab, wird man davon ausgehen müssen, dass in diesen Fällen das Abtretungsverbot nicht greift. Die Forderung ist nämlich dann bereits entstanden.
Nicht betroffen von dieser Neuregelung sind von Gerichten verfügte Lohnpfändungen. Das Abtretungsverbot verhindert also nicht Lohnpfändungen nach § 851 Abs. 2 ZPO [externer Link, öffnet in eigenem Fenster], die aufgrund eines gerichtlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erfolgen. Das Verbot verhindert auch nicht eine Lohnabtretung im Rahmen des Verbraucherinsolvenzverfahrens zum Zwecke der Restschuldbefreiung nach § 287 Abs. 3 Insolvenzordnung [externer Link, öffnet in eigenem Fenster].
(Text von Siegfried Roth, EOK)